Prozentzeichen auf einem Holzsteg
#KonjunkturCHECK mit Volkswirtin Bettina Hametner

Im Blickpunkt: Konjunkturprognosen großer Notenbanken.

Zinswende rückt näher

Mitte März senkte die Schweizerische Nationalbank (SNB) als erste größere Notenbank überraschend ihren Leitzins und schürte damit Erwartungen, dass andere Zentralbanken nachziehen könnten. Laut aktuellen Prognosen denken auch EZB, Fed & Co explizit über Zinssenkungen nach.

Eurozone

Zinsen könnten bald sinken

Die EZB übt sich in Geduld und belässt den Leitzins weiter unverändert bei 4,5 Prozent. Allerdings wurden im Rahmen der im März veröffentlichten Konjunkturprognose die Inflationserwartungen für heuer deutlich um 0,4 Prozentpunkte nach unten genommen. Hand in Hand geht dies mit einer ebenso etwas niedriger als noch im Dezember 2023 erwarteten BIP-Dynamik (2024: -0,2 Prozentpunkte).
 

Man zeigt sich grundsätzlich zwar optimistisch betreffend der Inflationsentwicklung, es überwiegen dennoch weiter die Aufwärtsrisiken beim Teuerungsdruck. Speziell bei Rohstoffen und Energie aufgrund der unsicheren geopolitischen Situation und von seiten des immer noch gut ausgelasteten Arbeitsmarktes inklusive dementsprechend dynamischer Lohnentwicklungen. Die Prognose der Kerninflation wurde gegenüber der Dezember-Prognose nur geringfügig um 0,1 Prozentpunkt auf 2,6 Prozent für 2024 (2025: 2,1 Prozent) nach unten genommen.

Erster Schritt wird im Juni erwartet

Grundsätzlich wiederholte die EZB bei der März-Sitzung ihr Statement, dass das aktuelle Leitzinsniveau angemessen sei, die Inflation zum angestrebten Ziel von mittelfristig 2 Prozent zurückzubringen. Erstmals ließ Präsidentin Lagarde aber anklingen, dass eine erste Zinssenkung im Juni möglich sei, sofern die Datenlage im 2. Quartal den rückläufigen Teuerungstrend hinreichend bestätige. Auf das Tempo künftiger Senkungen nach erfolgter Zinswende ging Lagarde nicht ein.


Die EZB veröffentlichte auch ein Update ihres geldpolitischen Handlungsrahmens, der die Anwendung geldpolitischer Instrumente regelt (z.B. Abstand Einlagen- / Refinanzierungssatz, Laufzeiten und Sicherheiten der Kredite und Menge des zugeteilten Zentralbankgeldes an Geschäftsbanken, Menge der gehaltenen Staatsanleihen, Höhe der Mindestreserve, ...). Die EZB konstatiert, dass sie die Menge an Überschussliquidität im Markt zwar reduzieren will, grundsätzlich hält sie aber am während der Finanzkrise eingeführten System der Überschussliquidität mit hohem Anleihenbestand fest. Reduziert wird ab September der Zinsabstand zwischen Einlage- und Hauptrefinanzierungssatz, und zwar auf 15 Basispunkte. An der Vollzuteilung der Tenderoptionen (MRO und LTRO) hält man vorerst unverändert fest, ebenso am Mindestreservesatz von 1 Prozent.

Grafik Makroökonomische Projektionen der Notenbanken (Werte in % p.a.
Quellen: Projektionen der nat. Notenbanken, EZB 07.03.24, FED 20.03.24, BOE 01.02.04, SNB 20.03.24, BOJ 23.01.24, Chin. Volkskon gress 05.03.24; kursive Werte: Prognosen lt. IWF Okt.23; Leitzinsen: Konsensusprognosen Bloom

Schweizer Nationalbank prescht mit Zinswende vor

Das Wirtschaftswachstum in der Schweiz ist nach wie vor verhalten. Die Inflation liegt seit Monaten wieder im Zielband bis 2 Prozent. Die Gefahr von Zweitrundeneffekten sei laut SNB überschaubar, sie korrigierte die Inflationsprognose im März deutlich nach unten und entschloss sich demzufolge, zum Frühlingsbeginn den Leitzins um 25 Basispunkte zu senken, was für einige Marktteilnehmer doch etwas überraschend kam.

Die SNB betont ihre Bereitschaft, in beide Richtungen für Interventionen am Devisenmarkt bereitzustehen. Nachdem die Inflationsrate im Zielbereich ist, dürfte der Fokus jetzt wieder darauf liegen, zu starke Aufwertungstendenzen des Franken im Sinne der preislichen Wettbewerbsfähigkeit der Exporteure zu unterbinden. 

USA: Aussicht auf 3 Zinssenkungen 2024

Mit der neuen realwirtschaftlichen Prognose nahm die US-Notenbank Fed die BIP-Wachstumserwartungen für heuer deutlich (+0,7 Prozentpunkte), für die Folgejahre leicht nach oben. Die Prognosen für Inflationsrate und Arbeitslosenquote blieben dennoch nahezu unverändert und Fed-Chef Powell erklärte, dass das grundsätzliche Bild einer Abschwächung des Teuerungsdrucks stimme, man aber noch weitere Datenpunkte abwarten müsse, um genügend Bestätigung zu haben.


Erwartungsgemäß beließ die Fed demnach bei ihrer Sitzung Mitte März die Leitzinsspanne bei 5,25-5,50 Prozent. Auch der erwartete Zinspfad - 3 Leitzinssenkungen um je 25 Basispunkte - blieb für heuer gleich, für 2025 und 2026 liegt der Median der Zinserwartungen des Fed-Gremiums nun um je 25 Basispunkte höher als zuvor. Am Quantitative Tightening (Abbau des Wertpapierportfolios) hält man vorerst ebenso unverändert fest, ließ aber anklingen, dass das Tempo bald verlangsamt werden soll.

Großbritannien: Leitzins bleibt auf 16-Jahres-Hoch

Nach einer Phase rasanter Zinserhöhungen mit 14 Zinsschritten seit November 2022 pausiert die Bank of England nun seit dem 4. Quartal 2023.


Der Ausschuss sei nach wie vor der Ansicht, dass die Geldpolitik für eine ausreichende Zeit restriktiv bleiben müsse, um das Inflationsziel von 2 Prozent zu erreichen. Man sei noch nicht an dem Punkt, die Zinsen zu senken, aber bereit, den geldpolitischen Kurs anzupassen, sollten die Wirtschaftsdaten das rechtfertigen.

Japan: Ein erster Schritt

Die Bank of Japan erwartet, dass ihr Inflationsziel von 2 Prozent längerfristig erfüllt ist, insbesondere weil zuletzt die Löhne stärker stiegen. Deshalb beschloss sie Mitte März 2024 die erste Leitzinserhöhung seit 17 Jahren von zuvor -0,1 auf nun 0,1 Prozent.
 

Dazu gibt man die Zinskurvenkontrolle auf, will aber den Umfang an Staatsanleihenkäufen in etwa beibehalten, die Käufe von Aktien- und Immobilienfonds einstellen und von Unternehmensanleihen schrittweise reduzieren. Was als große Wende anmutet, ist in der Realität ein kleiner Schritt und fraglich ist, ob überhaupt weitere Schritte folgen. Wenig deutet in Japan auf einen nachhaltig gestiegenen Preisdruck hin.

China: Deflation ist das Problem

Die Wirtschaft schwächelt. Da gleichzeitig die Inflationsrate sehr niedrig ist, hat die Geldpolitik den Luxus, expansiv agieren zu können - mit Zinssenkungen, niedrigeren Mindestreservesätzen, geringeren Auflagen bei der Kreditvergabe etc. Dazu wird der Interbankenmarkt mit zusätzlicher Liquidität versorgt.

 

 

Redaktionsschluss: 22. März 2024
Erstellerin: Mag. Bettina Hametner, Raiffeisenlandesbank OÖ AG

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