Mann springt über Hürden, Stadion im Hintergrund
Konjunktur: Österreich hat die Rezession überwunden

Nach und nach revidieren die Wirtschaftsforscher ihre BIP-Prognosen für Österreich nach oben, der konjunkturelle Tiefpunkt scheint durchschritten. Dennoch bleiben Unsicherheiten.

Stagnation oder minimales BIP-Wachstum

Die gute Nachricht, dass Österreich die Rezession überwunden und das dritte Rezessionsjahr in Folge doch vermieden hat, darf gerne zu Beginn stehen und optimistisch stimmen. Dennoch folgen viele "Aber" auf dem Fuß.

Unsicherheiten weit und breit

Rezession durchgestanden, aber...

Ein Wachstum wird sich nur dann ausgehen, wenn sich die gravierenden Abwärtsrisiken nicht materialisieren. Sie erwachsen aus externen Belangen, vorwiegend geopolitischen Verwicklungen (US-Zolldisput, Kriege Russland-Ukraine, Iran-Israel) und andererseits aus internen bzw. hausgemachten Problemen: Die seit 2010 bestehende Überinflation Österreichs - verglichen mit dem Euroraum-Schnitt - belastet die preisliche Wettbewerbsfähigkeit und könnte die Investitionstätigkeit der Industrie nachhaltig in Mitleidenschaft ziehen.

Die Konsolidierungsmaßnahmen könnten die Konjunktur zusätzlich stärker dämpfen als erwartet. Auch die nun doch etwas anziehende Arbeitslosigkeit wird die Konsumlaune weiterhin drücken und die Sparneigung hoch halten.

Noch ein "Aber": Wer jahrelang die rote Laterne in der Hand hielt, braucht nicht nur ein Ende der Rezession, um zum Schnitt der Vergleichsgruppe aufzuschließen, sondern eine Aufholjagd. Österreich lag in den letzten Jahren kontinuierlich unter dem BIP-Wachstumsschnitt der Euroländer und fiel im realen BIP-Vergleich zurück. Um dies wieder aufzuholen, braucht es höhere Wachstumsraten als der Durchschnitt.

Prognose Österreich reale Verändeungen in % pa.
Quelle: WIFO, IHS, 26.06.2025 1 in % lt. AMS-Rechnung, 2 in % des BIP
Eine verlorene Dekade?

Ein weiteres Thema ist die Befürchtung einer "verlorenen Dekade". Mittel- bis langfristiges Produktivitätswachstum erfordert Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit. Beides blieb in den letzten Jahren zurück. Sollte sich der Wachstumspfad wie aktuell angenommen erfüllen, könnte das reale BIP pro Kopf 2029 unter dem Niveau von 2019 liegen. Der Realwert des BIP pro Kopf, der die preisbereinigte Entwicklung der im Inland nachgefragten Güter widerspiegelt, liegt sogar noch unter dem realen BIP pro Kopf, welches die mengenmäßige produktionsseitige Entwicklung der österreichischen Waren und Dienstleistungen misst.

Es gibt genug Gründe, daran zu arbeiten, Österreich unter den Top-Volkswirtschaften zu halten. WIFO und IHS nennen als dringendste Punkte: Staatsausgabenquote unter Kontrolle bringen (Pensionen, Gesundheit, Föderalismus, soziale Grundsicherung), Lohnnebenkosten senken und die Beschäftigungsquote Älterer bzw. das Pensionsantrittsalter erhöhen.

Konjunkturtechnisch gibt es, um den Bericht positiv zu schließen, zwei realistische Aufwärtschancen: Mehr Optimismus und ein Rückgang der Sparquote auf den langjährigen Schnitt könnten ein höheres Konsumwachstum ermöglichen. Das enorme deutsche Fiskalpaket könnte ebenfalls positive Effekte für Österreich bringen.

Realwert des  BIP/Kopf um fast 4 % niedriger als 2019
Quelle: WIFO, IHS, 26.06.2025

Redaktionsschluss: 26.06.2025
Erstellerin: Mag. Bettina Hametner, Raiffeisenlandesbank Oberösterreich AG
Quellen: WIFO, IHS