Flagge von Österreich weht im Wind am Schiff Hintergrund Donau Wachau
Außenwirtschaft in Österreich: good news <= bad news

Österreich erzielte 2024 im Handel mit Gütern und Dienstleistungen einen Überschuss von 11,7 Mrd. Euro, was 2,4 Prozent des BIP entspricht. Ein Grund zur Freude? Volkswirtin Bettina Hametner weiß mehr.

Leistungsbilanzüberschuss trotz Rezession

In Anbetracht des schwierigen konjunkturellen Umfelds stimmen die für 2024 veröffentlichten Zahlen zunächst positiv. Allerdings nur auf den ersten Blick, denn das hohe Plus entstand dadurch, dass die Güterimporte deutlich stärker als die Güterexporte zurückgingen, was insgesamt das Bild einer in Österreich überdurchschnittlich schwachen Konjunktur bestätigt.

Die wichtigsten Sektoren und Handelspartner

Reiseverkehr und Beziehungen zu Deutschland

Um das Positive hervorzuheben: Sowohl in der Güter- als auch in der Dienstleistungsbilanz ergab sich ein deutlich positiver Saldo. Auf den traditionell hohen Überschuss im Reiseverkehr war einmal mehr Verlass. Doch auch hier gibt es mehrere Aber: Da von nominellen Größen die Rede ist, handelt es sich in stärkerem Ausmaß als in der Vergangenheit aufgrund der Überinflation bei Dienstleistungen um Preis- denn um Mengeneffekte. Und, auch wenn der Tourismus eine zentrale Säule der österreichischen Außenwirtschaft bleibt, stiegen die Reiseverkehrsausgaben der Österreicher im Ausland mit 11,2 Prozent stärker als die Einnahmen aus dem internationalen Tourismus im Inland (+6,3 Prozent).

Österreich ist traditionell wirtschaftlich sehr stark mit der EU verflochten. 80 Prozent der Einnahmen aus dem grenzüberschreitenden Güter- und Dienstleistungsverkehr entfallen auf Geschäfte innerhalb Europas, ein beträchtlicher Teil davon mit Deutschland, was in den letzten beiden Jahren aufgrund der ausgeprägten deutschen Industrierezession mit ein wichtiger Grund für die lahmende Konjunktur in Österreich war. In der Zukunft könnte Österreich über die intensiven Wirtschaftsbeziehungen mit Deutschland wieder vom groß dimensionierten deutschen Ausgabenpaket profitieren.

Grafik Leistungsbilanz Österreich 20214-2024
Quellen: OeNB, Statistik Austria, Mai 2025 *ohne Reiseverkehr

US-Zölle: Keine Panik, aber schlechtes Timing

Blickt man nur auf die Handelsbilanzüberschüsse, sind die Vereinigten Staaten sogar gleich bedeutend für Österreichs Außenhandel wie Deutschland. Für die USA hingegen fallen die Importe der Österreicher kaum ins Gewicht. Dementsprechend spannend also, wie es mit Trumps Zollvorstellungen weitergeht und welche konkreten Auswirkungen davon zu erwarten sind.

Dazu gibt es schon mehrere Annahmen. Die OeNB beziffert jedenfalls den Effekt der bis Mitte April veröffentlichten US-Zollmaßnahmen (inklusive der Annahme, dass die Ausnahme auf pharmazeutische Produkte fallen wird) auf -0,3 % des Bruttoinlandsprodukts. Das Wirtschaftsforschungsinstitut kam in einer Studie vom 26.5.2025 auf -0,68 Prozent.

Stärkste Betroffenheit zeichnet sich für die Pharmabranche ab

2024 gingen 8,7 % aller Güterexporte Österreichs in die Vereinigten Staaten. 25 % der Warenexporte Österreichs in die USA entfallen auf Motoren und mechanische Maschinen, knapp ein Fünftel auf pharmazeutische Produkte, ein Sechstel sind Kraftfahrzeuge. Im Durchschnitt über alle Gütergruppen beträgt die ab Juli zu kalkulierende Zollerhöhung knapp 20 Prozentpunkte. Am höchsten sind die Anstiege für Eisen und Stahl (+25 pp), Kfz (+24 pp) und - so die Ausnahme fällt - für pharmazeutische Produkte (20 pp). Die Pharmabranche wäre dann mit einem geschätzten Rückgang der realen Wertschöpfung von 3,6 Prozent die am stärksten betroffene Branche.

Abhilfe = Absatzmarkt und Wettbewerbsfähigkeit sichern
Ziel muss sein, wegfallende Exportnachfrage aus den USA erfolgreich in neue Märkte umzulenken. Dafür braucht es aber große (oder viele kleinere) kaufkräftige Handelspartner und internationale Wettbewerbsfähigkeit.

 

Grafik Effekte der US-Zollerhöhungen für die zehn am stärksten betroffenen Sektoren in Österreich
Quelle: OeNB, ab Juli inkl. Zoll auf Pharma
Grafik Märkte außerhalb Westeuropas mit den höchsten Exportpotenzialen für Österreich
Anmerkung: Ohne EU und Westeuropa (EFTA und Vereinigtes Königreich). Der Punkt zeigt die tatsächlichen Exporte im Durchschnitt der Jahre 2019 bis 2023, die Pfeilspitze, die jeweils möglichen zusätzlichen Exportpotenziale, Quelle: ITC

Redaktionsschluss: 09.05.2025, Aktualisierung 05.06.2025
Erstellerin: Mag. Bettina Hametner, Raiffeisenlandesbank Oberösterreich AG
Quellen: OeNB, Statistik Austria, Mai 2025;  ITC

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